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Klartext – Jetzt rede ich: YouTuber, hört auf mit euren Fake-Outings!

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Youtube ist eine Plattform, die für jeden eine Bühne bietet, um sich selbst darzustellen. Schrill, bunt, laut, extravagant – das sind meistens die Zutaten für eine steile Kariere. Und im besten Fall gibt es noch Millionen von Followern obendrauf. Mit ihnen teilt man alles, selbst intime Geständnisse – alles für mehr Views und höhere Einnahmen. Gerade ein Outing verschafft einem immer Aufmerksamkeit, auch in unseren heutigen Zeiten, wo darüber eigentlich nicht mehr geredet werden müsste.

Der Fall Dolicha Grey

So auch geschehen bei der YouTuberin Dolicha Grey: Im Oktober 2018 hat sie sich geoutet transsexuell zu sein. Im Gegensatz von vielen anderen transsexuellen Kommentatorinnen – die sich sehr negativ über das Outing ausgelassen haben – habe ich mir gedacht: Na mal abwarten, vielleicht ist etwas dran. Und nun fast 15 Monate später war Dolicha bei DSDS. In einem sehr fragwürdigen Outfit, das nur aus einer Felljacke bestand und einer Menge Tape an expliziten Stellen. Von ihrer großen Ankündigung „Ich bin transsexuell und werde auch meinen Körper anpassen lassen … Brüste machen lassen.“ War nach all der Zeit nichts zu sehen, eine Hormontheraphie scheint also nicht, das Ziel von ihr gewesen zu sein. Ihr ganzes Auftreten war schrill und tuntig und hatte rein gar nichts weibliches an sich. Und so kochte wieder der Vorwurf hoch, dass sie nicht transsexuell ist und eine Beleidigung für die Community, da sie ein vollkommen falsches Bild vermittelt.

Das sie von dem ganzen Thema keine Ahnung hat, hat sie in verschiedenen Videos immer wieder unter Beweis gestellt. So behauptet sie, das eine Namensänderung (ohne die Personenstandsänderung, davon hat sie nie gesprochen) 5.000€ bis 10.000€ kosten würde. Eine utopische Zahl, die selbst bei einem kompletten Verfahren etwa den zweifachen Kosten entsprechen würde. Was aber auch nicht für alle Bundesländer übereinstimmt, denn da gibt es große Unterschiede: Etwa 1.200€ bis etwa 5.000€ kostet das Verfahren. Komplett, mit der Vornamens- und Personenstandsänderung! Ebenso ist sie der Meinung, dass man sich bezeichnen kann, wie man will. In ihrem Fall also als transsexuelle Frau. Selbst in ihren Videos und Instagramstories zeigt sie sich nicht gerade von einer weiblichen Seite, selbst nach über einem Jahr des Outings. Damit zeigt sie eines: YouTube soll nicht aufklären, sondern Umsätze generieren. Videos werden ohne Vorbereitung gemacht, um schnell Inhalte zu erschaffen. Und sie ist nicht der einzige Fall.

Zwei weitere Beispiele

Erst vor zwei Tagen gab es eine Empörungswelle, nach dem der YouTuber Miguel Pablo zugegeben hat, dass sein Outing „Ich bin schwul“ im Dezember letzten Jahres nur Fake war. Er hat die ganzen Videos – mit seinem angeblichen Freund – für die Klicks gemacht, denn gerade im Dezember sind die Einnahmen auf der Videoplattform enorm. Die Community war außer sich. Zurecht.

Ebenfalls im letzten Jahr Oktober outete sich Trisha Paytas als Transsexuelle. Sie erzählte ihren Followern, dass sie lieber ein Mann sei. Ein Mann mit großen Brüsten, vollen aufgespritzten Lippen, in sexy Frauenkleidern. Sie könne nicht verstehen, warum sie deswegen kein Trans*Mann sein sollte, so wie es ihr vorgeworfen wird. Und bis heute hat sie an all dem auch nichts geändert, was auf eine Transsexualität hindeutet, da sie es auch gar nicht will. Und da kommen wir zum eigentlichen Problem.

Selbstbedienung bei den Schubladen

Inzwischen ist es so, dass Begrifflichkeiten wie homosexuell oder transsexuell gar nicht mehr für ernst genommen werden. Natürlich kann sich jeder so bezeichnen wie er oder sie es will, nur sollten sie dabei nicht auf den Leidenswegen von Randgruppen herumtrampeln, in dem das Bild vermittelt wird, dass alles nur eine freie Entscheidung sei. Gerade in Zeiten von non-binary entsteht gerade ein Bezeichnungswahn seinesgleichen, in dem alle möglichen Wortschöpfungen entstehen. Egal ob sie Sinn ergeben oder nicht. Eines der Beispiele: Eine lesbische non-binäre Trans*Frau mit Bart. Schubladen, die seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten existieren, werden nach Belieben benutzt um zu polarisieren. Und ich rede hier nicht von Lifestyles, wie Drag*Queens und Kings, Butches und Tunten, sondern von Lebensweisen, die für sich eigenständige Gesetze fordern. Eigenständige Anreden. Und dafür nutzen sie einfach die Bezeichnungen von anderen Gruppen, um das auch durchzusetzen.

Allein im letzten Jahr gab es eine Vielzahl von Outingsvideos auf YouTube mit dem Titeln „Ich bin Transgender“ und „Ich bin non-binär“. Die wenigsten von ihnen konnten aber wirklich erklären, was es bedeutet. Für viele reichen schon die Punkte aus: Ich bin ein Junge schminke mich gerne, habe als Kind mit Puppen gespielt, also bin ich transsexuell. Oder ich bin ein Mädchen, habe mich schon immer für Jungssachen interessiert, also bin ich non-binär. Zum Glück wissen die meisten Zuschauer dieser Videos, dass das Ganze nicht so einfach ist. Auch als Mädchen kann man sich für Dinge interessieren, die typisch für Jungs sind. Und auch als Junge kann man sich schminken. Um dafür auch akzeptiert zu werden, muss man sich nicht als transsexuell bezeichnen. Gerade Transsexualität ist kein Wunschkonzert: Man verspürt den Leidensdruck, den falschen Körper zu haben, seit der Kindheit und der bleibt auch bis zum Lebensende bestehen, wenn man nicht den Weg einer Therapie beginnt. Es ändert sich also nicht alle paar Jahre, so wie es manche YouTuber beschreiben.

Fazit

Leben und leben lassen, das sollte einerseits die Devise sein. Auf der anderen Seite sollte aber endlich auch mehr Rücksicht genommen werden, auf Randgruppen, die es eh schon schwer haben. Und dazu sollte aus dem Leben der Betroffenen kein Trend gemacht werden, um hohe Zugriffszahlen zu erreichen. YouTube sollte endlich mal wieder das werden, was es zu meinen Anfangszeiten noch war: Eine Plattform für kreative Menschen. Und nicht eine Bühne für Inhaltkopierer und Faker. Jeder mit mehr als 10.000 Follower hat auch eine gewisse Vorbildsfunktion und die sollte nicht aus falschen, oberflächlichen und diskriminierenden Beiträgen bestehen. Denn es sind diese Menschen mit der enormen Reichweite, die eine ganze Gruppe – zu der sie nicht gehören – im schlechten Licht dastehen lassen und ihnen damit das Leben erschweren.

1 Kommentar

  1. Wow…du nimmst kein Blatt vor den Mund. Das mag ich. Ich selber finde es bedauerlich wie inflationär mit diesen Begrifflichkeiten umgegangen wird. Ich bin fast froh, dass ich mein Coming Out kurz bzw während der Anfänge der medialen Verwurstung hatte – was ja tatsächlich noch gar nicht so lange her ist, aber in den letzten 6 – 7 Jahren ist es schlimmer geworden.

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