Kolumne

Ist J. K. Rowling trans*feindlich?

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Immer wieder werde ich angefragt, mich zu aktuellen Themen zu äußern. Und meistens fehlt mir einfach die Zeit dafür, dank der Feiertage kann ich aber zumindest zu diesem aktuellen Thema meinen Senf dazu geben:

Was war geschehen?

Die Harry Potter Autorin hat sich offen für Maya Forstater eingesetzt, eine Steuerspezialistin, die in mehreren Tweets getwittert hatte, dass es unmöglich sei, das Geschlecht zu verändern. Männer blieben Männer und Frauen eben Frauen. Daraufhin wurde ihr Vertrag mit dem Center for Global Development in London nicht verlängert. Forstater zog vors Schiedsgericht und verlor. Als das bekannt wurde twitterte Rowling folgendes:

Nun gibt es viele, die in diesem Tweet nichts transphobes entdecken können, denn anscheinend vermitteln die Zeilen den Eindruck, dass Rowling hinter den vielfältigen Lebensweisen steht. Doch zählt man sich selbst zu den Trans*Frauen und kann zwischen den Zeilen lesen, dann sieht das ganze schon etwas anders aus:

Kleide dich wie du willst. Bezeichne dich wie du willst. Entweder es ist Unwissenheit, oder die Worte sind mit Absicht so gewählt. Denn Trans*Frauen gehen weder den Weg damit sie endlich tragen können was sie wollen, noch weil sie Lust darauf haben, sich einfach mal als Frau zu bezeichnen. Diese Veränderungen haben einen ernsten Hintergrund und entstehen nicht aus einer Laune heraus. Dies waren auch Punkte, welches das Gericht bei dem Urteil mit angeführt hatte. Schlafe mit jedem Volljährigen, der dem zustimmt. Und schon hier fragen sich die ersten, was dass denn mit dem eigentlichen Thema zu tun hat. Wie bei vielen Äußerungen von transphoben Menschen, wird Trans* oft mit sexuellen Perversionen auf eine Stufe gestellt. In diesem Fall wird explizit davon gesprochen, dass Sex mit Erwachsenen und einvernehmlich geschehen soll. Ganz klar ein Wink in Richtung Pädophilie. Lebe dein bestes Leben in Frieden und Sicherheit. ein paar versöhnliche Worte, nur um mit Aber Frauen aus ihrem Job drängen, weil sie behaupten, das (biologische) Geschlecht sei echt? alles wieder niederzureißen. Und dieser Satz ist auch der Stein des Anstoßes: Maya Forstater hat mehr als einmal getwittert, dass es nur Mann und Frau als Geschlecht gibt und eine Trans*Frau immer ein Mann bleiben wird, egal was sie unternimmt. Und Rowling pflichtet ihr bei. Dabei ist es nicht das erste Mal, das Rowling negaitv auffällt. Schon vor Jahren likete sie einen transphoben Tweet, wo sie hinterher sagte, dass es ein Versehen war. Dafür folgte sie später Accounts, die offen transphob waren. Nur ein paar kleine Beispiele, die aber gerne unter den Tisch gekehrt werden.

Der Auslöser – Eine Gesetzesänderung in England

Doch warum ist eigentlich Forstater so verbissen bei der Geschlechterfrage? Seit letztem Jahr wird in England darüber disskutiert, ob es Trans*Menschen einfacher gemacht werden soll, auch ohne ärztliche Bescheinigung, Hormonbehandlung und OP, ihren Geschlechtseintrag ändern zu lassen 1. Die Gegner befürchten das Ausnutzen eines solchen Gesetz, da es keinerlei Kontrolle mehr gibt. Etwas ähnliches ist auch für Deutschland angedacht, nur dass man hier bereits seinen Geschlechtseintrag auch ohne die abschließende OP ändern lassen kann. Wenn auch nur unter bestimmten Voraussetzungen. Doch statt all das zu differnzieren, vermengt Forstater alles unter einen Hut, in dem sie Trans*Frauen, die unter ihrem falschen Körper leiden, mit ganz normalen Männern auf eine Stufe stellt. Und es ist dieses Vermengen, das dem eh schon gebeutelten Ansehen von Trans*Frauen schadet. Sie hatte in mehreren Tweets die Möglichkeit die Dinge richtig zu stellen, als sie unter anderem gefragt wurde, ob Trans*Frauen denn dann keine Frauen wären. Worauf hin sie nur antwortete, dass man nunmal sein Geschlecht nicht ändern könnte. Desweiteren ist sie der Meinung Das niemand dazu gezwungen werden sollte, Trans*Frauen als Frauen anzusehen. Natütlich würde sie diese Menschen trotzdem ihrem Auftreten entsprechend anreden und niemand sollte eingeschränkt (oder diskriminiert) werden, wenn er nicht den traditionellen geschlechtsspezifischen Erwartungen entspricht. Doch die sicheren Räume, für die die Frauen jahrelang gekämpft haben, sollten auch nur biologischen Frauen vorenthalten sein.

Ein festgeschriebenes Geschlecht

Forstater betonte immer wieder, dass es nur zwei biologische Geschlechter gibt und es nichts mit Gefühlen oder der eigenen Identität zu tun hat. Männer können keine Frauen sein.

Das diese Ansicht schon längst überholt ist und das Geschlecht eben mehr ausmacht, als nur Chromosomen und Geschlechtsmerkmale, ist bei den wenigsten bis jetzt angekommen. Alleine an ihren Äußerungen und auch Rowlings Tweet merkt man, dass für viele Menschen Trans* sein mit einer Entscheidung einher geht. Als würde man sich dafür entscheiden, heute statt einer Hose einen Rock zu tragen. Die Wirklichkeit sieht da aber ganz anders aus: Schon in der frühsten Kindheit spüren transsexuelle Menschen, dass ihr Körper nicht mit ihrer Seele übereinstimmt. Es folgt ein langer Kampf, bei dem sie versuchen Hürden zu überwinden, um ihren Körper an ihr inneres Empfinden anzupassen. Und dabei geht es eben nicht um eine Laune, bei der ein Geschlecht gewechselt wird, sondern um ein Leiden, für das es nur einen Weg gibt, um es zu mildern. Sich darauf zu beschränken, welches scheinbare Geschlecht diese Person bei der Geburt hatte, und sie darauf zu minimieren, zeugt in der heutigen Zeit von Diskriminierung. Dabei wollen viele Trans*Menschen auch nur ein Teil dieser Zwei-Geschlechter-Gesellschaft werden, da sie ganz eindeutig wissen, wo sie hingehören. Das sah auch der Richter James Tayler so:

If a person has transitioned from male to female and has a Gender Recognition Certificate (GRC), that person is legally a woman. That is not something [Miss Forstater] is entitled to ignore. Even paying due regard to the qualified right to freedom of expression, people cannot expect to be protected if their core belief involves violating others‘ dignity and creating an intimidating, hostile, degrading, humiliating, or offensive environment for them.Richter James Tayler

Doch worin unterscheiden sich denn Trans*Frauen am Ende ihrer Reise von biologischen Frauen? Sie haben das selbe Blutbild, die gleichen äußerlichen Geschlechtsmerkmale. Selbst das Gehirn von Trans*Frauen unterscheidet sich total von einem männlichen Gehirn und kommt dem eines weiblichen nahe. Ohne die Einnahme von Hormonen oder ähnlichen, von Geburt an. Nun gibt es Menschen die behaupten, Frauen bringen Kinder auf die Welt, was Trans*Frauen nicht möglich ist. Doch selbst Frauen können aus den unterschiedlichsten Gründen unfruchtbar sein oder ohne Möglichkeit, selbst Kinder auf die Welt zu bringen. Dies ist also auch kein Grund, um Trans*Frauen als Nicht Frauen zu bezeichnen. Für Forstater aber egal, denn sie sieht die Rechte der biologischen Frauen in Gefahr. Die Biografien der Trans*Frauen reichen ihr aus, um sie darauf zu beschränken und ihre Zugehörigkeit festzulegen. Und mit ihrem Tweet unterstützt Rowling diese Meinung. Dabei war sie es, die in ihren Büchern über Ausgrenzung geschrieben hatte, ganz egal, ob es um einen Jungen ging, der in einem Schrank unter der Treppen leben musste, oder ein Mädchen, deren Eltern Muggel sind und sie dadurch Schlammblut genannt wurde. Die Autorin müsste es also besser wissen.

Wenn jeder eine Meinung hat, egal ob betroffen oder nicht

Beim Sichten der zahlreichen deutschen und englischen Artikel zu diesem Thema, kam bei mir immer wieder eine Frage auf: Warum streiten sich Menschen, die weder Trans* sind noch irgendwelche Berührungspunkte damit haben, darüber, ob J. K. Rowling transphob ist oder nicht? Viele der Artikel beleuchten immer nur eine Seite des ganzen Themas, je nach dem ob sie Pro oder Kontra sind. Nur die wenigsten beschäftigen sich wirklich mit dem Thema, oder lassen die betroffene Gruppe zu Wort kommen. Den meisten geht es gar nicht darum, für Aufklärung zu sorgen, sondern ein Thema medienwirksam unter das Volk zu bringen. Und damit erschaffen sie auch ganz bewusst unterschiedliche Sichtweisen. Aber machen wir uns nichts vor: Als Schriftstellerin und Person des öffentlichen Lebens, sollte Rowling ganz genau wissen was sie schreibt und ob sie mit ihren Äußerungen vielleicht anderen zu nahe treten könnte. Sie ist auch keine kleine Influencerin, die kaum jemand wahr nimmt, sondern besitzt eine unheimliche Reichweite, die sie auch ausnutzt. Viele von ihren Followern sind enttäuscht von ihr, so mal es ja nicht das erste Mal ist, dass sie so aufgefallen war. Sie bekommt aber auch viel Zuspruch, der sich teilweise in den Kommentaren als Hass gegen Trans* äußert. Unkommentiert oder ohne eine Klarstellung wird somit weiterer Schaden angerichtet, der Trans*Menschen ein freies Leben erschwert. Sie hätte die Möglichkeit, sich für Trans*Menschen einzusetzen, stattdessen hat sie sich für einen anderen Weg entschieden.

Freie Meinungsäußerung und getarnter Hass

Außenstehende tun inzwischen alles dafür, um nicht als transfeindlich zu gelten. Um gut dazustehen, nicht etwa wegen der Aufklärung. Denn dafür müsste man sich mit dem Thema befassen und nicht den Wortlaut anderer wiedergeben. Oder es gibt die andere Seite, die den „Trend“ überhaupt nicht verstehen kann und der Meinung ist, man sollte nicht alles so eng sehen. Schließlich gehe es um freie Meinungsäußerung. Das sich inzwischen Hasskommentare als eben diese tarnen, kann man immer häufiger beobachten. Die Grenzen verschwimmen immer mehr und Stimmen werden immer lauter, die Toleranz fordern, andere Meinungen zu zulassen, selbst wenn sie diskriminieren. Es entstehen Diskussionen, ob der Meinungsfreiheit nach Trans*Frauen nun als Männer in Frauenkleidern bezeichnet werden dürfen. Ob es diskriminierend sei, sie „Transformer“ zu nennen und sich über ihren Leidensweg lustig zu machen. Seit Jahren kämpfe ich dafür, dass Trans* in den Köpfen der Menschen weder als Trend, noch als Perversion angesehen wird. Doch es ist wie gegen Windmühlen anzukämpfen, ein scheinbar aussichtsloser Kampf. Es gibt Stimmen, die fragen mich, warum ich mich weiterhin für die Aufklärung einsetze, denn ich selbst habe es ja nicht mehr nötig. Dabei wird eins übersehen: Auch mich erwischt der Hass. Auch ich werde als „Transe“ bezeichnet. Auch mir wird mein ICH nicht immer zugesprochen. Selbst mit neuen Ausweis. Und all das hat mit solchen scheinbar banalen Äußerungen zu tun, denn oftmals wird einfach vergessen, was unbedachte Aussagen für einen Rattenschwanz hinter sich herziehen. Ob dadurch Trans*Menschen verletzt werden oder nicht, können auch nur diese bescheinigen. Das ist nicht die Aufgabe von irgendwelchen Medien, die teilweise auf dem Strom mitschwimmen und ihrerseits etwas zur Diskriminierung beitragen. Eagl wie klein eine Randgruppe ist, sie sollte nie das Ziel von Mächtigen werden, die sich darüber echauffieren, wie nichtssagend die betroffenen Menschen doch seien. Ich habe mich bewusst dagegen entschieden, die aktuellen Beispiele der Berichterstattung hier aufzuführen, denn dieser ganze Hass reicht so schon und scheint in letzter Zeit immer mehr Überhand zu nehmen.

Fazit

Und, ist Rowling nun transfeindlich? Sie selbst unterstützt viele Projekte, die für Frauen sind und ihnen ein besseres Leben ermöglichen sollen. Auch soll Dumbledore im Harry Potter Universum ein homosexueller Charakter sein, von dem wir in der Beziehung so gut wie nichts anderes mitbekommen als Andeutungen, die auch unterschiedlich interpretiert werden können.

Selbst die Frage nach LGBT Studenten auf Hogwarts beantwortet Rowling nicht wirklich eindeutig, sondern eher so, dass alle mit der Antwort glücklich sind, ohne dass sie wirklich etwas in ihren Geschichten dahingehend ändern müsste. Aber immerhin ist die Welt von Harry Potter offen für jeden, nur nicht so offensichtlich. Und auch wenn sich die Harry Potter Autorin offen gibt, so unterstützt sie eine Frau, die offensichtlich ein Problem mit Trans*Frauen hat, und mit ihrem Tweet auch deutlich Stellung dazu bezieht. Mit ihren Aussagen unterstützt Rowling Forstaters „Meinung“, dass Trans*Frauen Männer sind und immer bleiben werden, auch wenn dies gesetzlich anders geregelt ist und durch das Gerichtsurteil auch noch deutlich gemacht wurde. Man kann also davon ausgehen, dass sie ihren Tweet ganz bewusst geschrieben hat, denn wenn Autoren etwas können, dann ist es mit Worten umzugehen und sie ganz bewusst einzusetzen. Falls J. K. Rowling also später einmal behaupten würde, sie hätte es ganz anders gemeint, dann muss jeder selbst entscheiden, ob er ihr glaubt oder nicht. Genauso wie jeder nun für sich entscheiden muss, inwiefern sie transphob ist. Wenn man wie Rowling eine enorme Reichweite hat, dann hat man auch so etwas wie eine Vorbildfunktion für andere und trägt zum aktuellen Weltgeschehen bei, mit den Äußerungen und den Entscheidungen die man trifft. Sie selbst entscheidet wofür sie ihren Ruf einsetzt, muss aber eben auch mit den Konsequenzen rechnen.


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