Transsexualität

Ein schwieriges Unterfangen: Sich selbst lieben zu lernen

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In letzter Zeit kommt es immer wieder vor, dass ich vor dem Spiegel stehe und versuche in mir das zu sehen, was die anderen in mir sehen. Und es gibt immer wieder Tage, da bin ich am verzweifeln, denn die hübsche junge Frau ist nirgendwo zu finden. Es geht da auch gar nicht um ein Idealbild, dass ich auch nie im Leben erreichen werde, sondern um ein „Wohlfühlaussehen“, mit dem ich mich wohlfühle. Eine Haut in der ich mich wohlfühle.

Eine Frau mit Kurven?

Sicher, ich hab in den letzten Jahren Fortschritte gemacht. Mein Gesicht ist weicher geworden, meine Brust ist gewachsen und auch die Fettpolster sind auf die Hüften gerutscht und haben schon einen kleinen Teil zur weiblichen Figur beigetragen. Aber „dank“ meiner Antidepressiva ist auch überall mehr Fett angelagert wurden. Das Endresultat der letzten Monate: fast 10 Kilo mehr, als noch letztes Jahr um diese Zeit. Zum verzweifeln. Da werden nun die Stimmen kommen, die sagen „Eine Frau brauch nun mal Kurven!“. Dem widerspreche ich auch nicht. Aber ich will mich auch wohlfühlen. Ich war so glücklich, als meine Kilos gepurtzelt waren und ich zu meinem letzten Geburtstag mein Wunschgewicht erreicht hatte. Und nun konnte ich nur hilflos mit ansehen, wie sich Stück für Stück wieder alles ansammelte. Aber noch habe ich nicht aufgegeben, in der Hoffnung ich komme wieder da hin.

Eine perfekte Frau?

Zu all dem Gewichtsstress kommt noch dazu, dass ich das Gefühl habe, das es nicht vorwärts bei mir geht. Ja, die Hormondosis ist ein Rätselraten, denn jeder Körper schlägt anders an. Bei der einen geht es schneller, bei der anderen langsamer. Und ich gehöre wie es aussieht zur zweiten Kategorie. Natürlich, Brust ist da und mit einer Körpchengröße B schon groß. Aber von einer weiblichen Brust noch weit entfernt. Auch das bringt mich zum verzweifeln. Nackt möchte ich mich im Moment weder zeigen, noch selbst sehen. Denn es macht mich ziemlich traurig und lässt mich verzweifeln. Sicher, nicht jede Frau hat große Brüste, doch gerade bei einem breiten Kreuz wirkt es eher wie eine A. Wie gern würde ich mal Oberteile oder Kleider tragen, wo ich keinen Pushup-BH tragen muss, damit es wie Brust aussieht. Und auch bei Badeanzügen und Bikinis ist es nicht überall möglich Einlagen zu verstecken und damit bin ich ziemlich eingeschränkt, bei den Dingen, die ich anziehen kann. Was beinhaltet, dass es nicht immer Dinge sind, die mir gefallen.

Auch die lästigen Haare nerven ohne Ende. Egal ob im Gesicht oder am restlichen Körper. Wie schön wäre es mal am Morgen einfach aufzustehen und nach 10 Minuten im Bad fertig zu sein. Oder auch ohne eine Schicht Make-up wie eine Frau auszusehen und nicht wie ein … was auch immer. Es gibt Menschen, da ist es mir egal, doch bei einem Großteil fühle ich mich ohne einfach unwohl. Unvollständig. Nicht ich. Aber für all das fehlt einfach das Geld und die ganzen Behandlungen sind nicht wirklich billig, würden aber so viele Dinge erleichtern. Und so lange muss ich mich damit eben rumschlagen.

Vorbilder?

Inzwischen hab ich auch aufgegeben Vorbilder zu suchen, auch wenn meine Timeline auf Facebook ständig voll ist mit Trans*Mädels, die verdammtes Glück hatten und zum Teil auch viel eher mit all dem begonnen hatten. Das lustige ist: Für viele bin ich ein großes Vorbild … Und kann mich selbst nicht leiden, oder seh mich gar nicht so. Aber es ist schön zu wissen.

Es ist auch schwer Vorbilder zu finden, wenn der eigene Körper so gar nicht in irgendwelche Schubladen passt. Weder in die männliche noch in die weibliche. Man weiß irgendwann selbst nicht mehr wo man gerade steht und fängt auch an, zu anderen Barrieren aufzubauen, weil man zwar dazu gehören will, aber dann die großen Unterschiede sieht und weiß, dass man irgendwie doch nicht dazu gehört. Und es vielleicht auch nie wird. Trotz der Akzeptanz der anderen, aber ich fühle mich oft fehl am Platz und als Störenfried.

Und da beginnt wieder die Suche nach anderen und auch ich durchstöber das Internet nach Antworten. Und irgendwie hab ich auch noch nicht ein Trans*Mädel gefunden, das man als Vorbild nehmen könnte, das normal ist. Viele, die bekannt sind oder die ich kenne kommen aus dem Showbereich und sind zum Teil weit von der Natürlichkeit entfernt. Ja sicher, sie sehen toll aus, aber sie werden eben auch immer als Paradiesvogel gelten. Oder wollen genau das.

Etwas Besonderes?

Aber will ich das? Natürlich bin ich auch stolz, anders zu sein. Etwas besonderes. Auch wenn es nicht immer leicht ist. Doch ich möchte nicht deswegen geliebt werden. Da draußen gibt es so viele Männer und Frauen die einfach nur darauf stehen, weil es eben etwas besonderes ist und anscheinend sind die, denen es egal ist und die auf die inneren Werte achten, sehr sehr selten. Leider. Ich möchte nun mal nicht ständig daran erinnert werden, was ich bin. Das sehe ich im Spiegel täglich selbst. Und es ist nichts, was mich im Moment glücklich macht. Ich will nichts besonderes sein, ich will nur ein Mensch sein. Und eben auch normal sein oder mich so fühlen. Das heißt, als Frau wahrgenommen und akzeptiert.

Depressionen

Und all das und noch viel mehr, stürzt mich immer wieder in Depressionen und ich liege Nachts im Bett und frage mich warum. Warum geht es nicht schneller? Warum ist all das nicht einfacher? Warum gerade ich? Schlaflose Nächte sind ja zum Glück, dank meiner Tabletten (die aber eben eine Gewichtszunahme als Nebenwirkung haben), eher seltener. Aber es gibt ja noch die Tage, die Zeit die ich verzweifelt vor dem Spiegel verbringe, weil einfach nichts mehr passt oder ich das Gefühl habe, zu männlich darin auszusehen. Was manchmal dazu führt, dass ich mich verkrieche. Auch wenn ich versuche mich durch den ganzen Mist zu kämpfen, die Depressionen zu unterdrücken und mich davon nicht runterziehen zu lassen. Mal mit Erfolg, mal mit weniger. Aber es geht langsam vorwärts.

Sich selbst lieben

Es klingt einfacher, als es ist. Und gerade bei der langen Liste an Problemen, ist es nicht wirklich einfach mit der Selbstliebe. Aber um vorwärts zu kommen, bleibt einem nicht viel mehr übrig, als die Zähne zusammenzubeißen und sich selbst ein Lächeln zu schenken.

„If you don’t love yourself,
how in the hell you gonna love somebody else?“
RuPaul

Obwohl es mir schwer fällt, versuche ich mein Bestes und suche die Dinge an mir, die mir gefallen. Die in meinen Augen perfekt sind. Und dann vertraue ich einfach auf die Leute um mich herum, die mir das Gefühl geben, so perfekt zu sein, wie ich bin. Auch wenn ich für mein eigenes Gefühl noch meilenweit davon entfernt bin. Aber mit jedem Tag komme ich meinem Ziel näher. Und vielleicht tritt irgendwann auch ein Mensch in mein Leben, der mir das Gefühl gibt perfekt zu sein. Egal wie ich bin und aussehe.

1 Kommentar

  1. Liebe Stella, bin ebenfalls „MTF-Trans“ und lese Deine Beiträge mit großer Sympathie und großem Interesse. Ich stehe nach erstaunlich gut verlaufenem Outing ggü. meiner Frau aber noch am Anfang der Entwicklung, die sich in der Kindheit andeutete und vor einigen Jahren mit Gewalt herauswollte. Ich möchte Dir nur einfach sagen, dass Du einen sehr liebenswert-anziehenden und feinfühligen Eindruck vermittelst und nicht zuletzt wenigstens für mich einfach perfekt aussiehst. Klar werden wir unser Leben lang um unser Transsein wissen, sollten aber zum Einen auch ein wenig stolz darauf sein, zwei menschliche Seiten in und zu vereinen. Zum anderen sehen (zumindest Dich) uns andere ohne das Wissen um die Vorgeschichte und beneiden Dich um Dein Aussehen und Deine ganze Art. Ich wünsche Dir, dass Du mit Dir etwas weniger kritisch umgehst, Deine Depressionen in den Griff bekommst und dabei hoffentlich Du selber bleibst! Sei ganz lieb gegrüßt von Manuela

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